Neue Hoffnung für Betroffene – Erste große POIS-Studie in den USA gestartet

Post-Orgasmic-Illness-Syndrom: Erste große Studie in den USA

In den USA ist diese Woche die erste großangelegte Studie zur Erforschung des Post-Orgasmic-Illness-Syndroms gestartet. Aufgrund der Covid-19 Pandemie mit fünf Jahren Verspätung. Denn ursprünglich hätte der erste Proband am ersten Tag des Lock-Downs in den USA untersucht werden sollen. Die Studie musste dann allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Nun also wird ein neuer Versuch unternommen. Aktuell läuft das Auswahlverfahren und der erste Teilnehmer hat das Forschungslabor bereits durchlaufen. Damit verbunden sind große Hoffnungen in der POIS-Community.

Die Studie wird von den Wissenschaftlerinnen Tierney Lorenz von der University of Lincoln-Nebraska (UNL) und Nicole Prause von der University of California (UCLA) durchgeführt. Die Neurowissenschaftlerin Prause ist Gründerin des unabhängigen Instituts Liberos und forscht seit Jahren zu Hirnaktivitäten und Orgasmus. Lorenz ist Psychologin an der UNL und leitet dort das „Labor für Frauen, Immunität und sexuelle Gesundheit“. Ihre bisherigen Forschungen beschäftigten sich mit den Immunreaktionen von Frauen während des Eisprungs – eine spannende Grundlage für die aktuelle POIS-Studie.

Warum spielt das System verrückt?

Untersucht werden insgesamt 100 Männer, davon die Hälfte mit Post-Orgasmic-Illness-Syndrom und die andere Hälfte als „gesunde“ Kontrollgruppe, das heißt ohne POIS. Der Großteil der Forschung wird dabei in Prauses Labor in Kalifornien stattfinden.

Ziel der Studie ist es, die Rolle des Nervensystems, der Hormone und des Immunsystems bei der Entstehung der POIS-Symptome zu erforschen und die Mechanismen hinter der Krankheit besser zu verstehen. Dafür werden verschiedene Daten vor und nach dem Orgasmus gemessen und zahlreiche Biomarker untersucht, darunter Entzündungswerte im Zusammenhang mit Zytokinen. Außerdem werden kognitive Faktoren berücksichtigt, das sympathische Nervensystem untersucht und elektrographische Werte mittels eines EEGs erhoben. Im Zentrum steht dabei die Frage, was während des männlichen Orgasmus im Gehirn passiert und warum das System bei POIS verrückt spielt, um daraus Rückschlüsse auf die normale Funktion zu ziehen.

„Wenn wir verstehen, wie etwas im Körper aus dem Gleichgewicht gerät, können wir auch besser nachvollziehen, wie es funktioniert“, erklärt Lorenz den Forschungsansatz. Es gehe darum, die Ursachen zu identifizieren, um bessere Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Bisher größte Studie zum männlichen Orgasmus

Das Verständnis von POIS könnte aber nicht nur den Betroffenen helfen, sondern auch neue Einblicke in die Physiologie des männlichen Orgasmus und die sexuelle Gesundheit im Allgemeinen liefern. Denn laut Prause gebe es bisher keine größere Studie über den männlichen Orgasmus:

„Diese Studie ist der Traum eines jeden Neurowissenschaftlers, denn viele Daten wurden bei Männern noch nie zuvor erhoben. Kaum zu glauben im Jahr 2025. Neben der POIS-Forschung betreiben wir also auch wichtige Grundlagenforschung über den männlichen Orgasmus.“

Finanzierung durch Crowdfunding

Die Studie wird von der Nordamerikanischen Organisation für Seltene Erkrankungen (NORD), der Fulton Family Foundation und auch durch Crowdfunding finanziert. So wurden insgesamt 31.000 Dollar über das Betroffenen-Forum www.poiscenter.com gesammelt, um die Studie zu ermöglichen. Laut Prause zeige dies den hohen Leidensdruck der Männer. Auch der erste Impuls für eine solche Studie kam demnach ursprünglich aus der Community selbst.

POIS ist eine selte Erkrankung, die Männer nach der Ejakulation betrifft. Die Betroffenen entwickeln danach grippeähnliche Symptome wie Husten, Niesen, Halsschmerzen und verstopfte Nase. Viele Betroffene berichten darüber hinaus über extreme Erschöpfung, depressive Verstimmungen und starke kognitive Beeinträchtigungen wie Brainfog und Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen. Die Symptome können mehrere Tage, in einige Fällen sogar Wochen andauern.

Quellen:
1. „Crowdfunded grant will help UNL researcher study sex-related condition„, Lincoln Journal Star, 26. Juni 2019; zuletzt abgerufen am 19.05.2025.
2. „POIS study first data point!“, Nicole Prause, 17. Mai 2025, zuletzt abgerufen am 19.05.2025.

3. How Porn Rewires Your Brain„, Interview mit Nicole Prause, ab 1:31:07.

4. „Arousal, Orgasm and Porn“, Interview mit Dr. Nicole Prause, ab 35:00.
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