Post-Orgasmic-Illness-Syndrom Behandlung

Da das Post-Orgasmic-Illness-Syndrom derzeit nicht heilbar ist, konzentriert sich die medizinische Therapie auf die Linderung der Symptome nach dem Samenerguss.

Behandlung des Post-Orgasmic-Illness-Syndroms (POIS)

Das Post-Orgasmic-Illness-Syndrom (POIS) stellt für Betroffene eine massive Belastung dar – körperlich wie psychisch. Leider existiert bislang keine ursächliche Heilung für POIS, da die genauen biologischen Mechanismen der Erkrankung noch nicht vollständig verstanden sind. Dennoch gibt es verschiedene Behandlungsansätze, die helfen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität deutlich zu verbessern.

Ziel der Behandlung: Symptome reduzieren und Alltag stabilisieren

Da POIS derzeit nicht heilbar ist, konzentriert sich die medizinische Therapie auf die Linderung der Symptome nach dem Samenerguss. Ziel ist es, die Intensität und Dauer der Beschwerden zu verringern, Rückfälle zu minimieren und Betroffenen ein aktiveres Leben zu ermöglichen – inklusive einer eingeschränkten, aber möglichen Sexualität.

Mögliche Ursachen: Allergie oder Autoimmunreaktion?

Obwohl die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, deuten einige Studien auf zwei Hauptursachen hin:

  • Eine allergische Reaktion auf Bestandteile des eigenen Ejakulats
  • Eine Autoimmunreaktion, bei der der Körper sich fälschlicherweise selbst angreift

Diese Reaktionen könnten verschiedene Entzündungsprozesse im Körper auslösen – beispielsweise im Hals, an den Augen, im Nasenraum, an den Muskeln oder im Gehirn. Daraus resultieren typische POIS-Symptome wie Erschöpfung, Brain Fog, Muskel- und Gliederschmerzen, aber auch Reizbarkeit, Depressionen und Angstzustände.

Medikamente bei POIS:
Welche Therapieansätze gibt es?

1. Entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAIDs)

Nicht-steroidale Antirheumatika wie Ibuprofen oder Naproxen können helfen, die entzündlichen Reaktionen im Körper nach der Ejakulation zu dämpfen. Sie werden häufig als kurzfristige Maßnahme direkt vor oder nach dem Samenerguss eingenommen.

2. Antihistaminika

Diese Medikamente blockieren Histamin-Rezeptoren und sind bei klassischen allergischen Reaktionen im Einsatz. Einige Betroffene berichten über positive Effekte durch H1- und H2-Blocker wie Fexofenadin oder Cetirizin, insbesondere bei Symptomen wie Augenjucken, Nasenschleimhautentzündung oder Hautreaktionen.

3. Kortikosteroide (z. B. Prednison, Prednisolon)

In besonders schweren Fällen können Immunsuppressiva wie Kortison eingesetzt werden. Diese Medikamente unterdrücken die Überreaktion des Immunsystems, sind aber aufgrund möglicher Nebenwirkungen nur unter ärztlicher Aufsicht und nicht dauerhaft empfehlenswert.

4. SSRI-Antidepressiva (z. B. Escitalopram, Sertralin)

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) wirken stimmungsstabilisierend und angstlösend. Da POIS häufig auch psychische Symptome wie Depressionen und Angst auslöst, kommen sie ergänzend zum Einsatz. Einige Patienten berichten zudem über eine milde Verbesserung körperlicher Beschwerden durch die stabilisierende Wirkung auf das Nervensystem.

Weitere therapeutische Optionen

5. Ejakulationsvermeidung oder -kontrolle

Manche POIS-Betroffene setzen auf bewusste sexuelle Abstinenz, um Symptome zu vermeiden. Andere berichten von Erfolg mit bestimmten Methoden zur Kontrolle des Samenergusses, etwa durch Tantra-Techniken oder Beckenbodentraining.

6. Hyposensibilisierung mit eigenem Ejakulat

In Einzelfällen wurde eine autologe Desensibilisierung getestet, bei der Patienten kleine Mengen ihres Ejakulats in die Haut injiziert bekamen – ähnlich wie bei einer Allergie-Impfung. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig, der Ansatz jedoch vielversprechend für zukünftige Studien.

7. Ernährung, Darmgesundheit und Mikronährstoffe

Einige Betroffene konnten durch eine entzündungsarme Ernährung, die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren, PEA (Palmitoylethanolamid), Zink, Vitamin D oder Probiotika eine Symptomverbesserung erzielen. Auch ein Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und POIS wird diskutiert.

Selbsthilfe und Austausch: Ein wichtiger Baustein der Therapie

Neben der medizinischen Behandlung ist auch die Selbsthilfe ein entscheidender Faktor im Umgang mit POIS. Der Austausch mit anderen Betroffenen – etwa über die POIS-Deutschland Community oder Online-Foren wie poiscenter.com und reddit – kann emotionale Unterstützung bieten, neue Therapieansätze aufzeigen und Isolation verhindern.

Fazit: POIS derzeit nicht heilbar aber behandelbar

Auch wenn es derzeit noch keine Heilung für POIS gibt, stehen zahlreiche Therapieoptionen zur Verfügung, um den Alltag mit der Erkrankung zu erleichtern. Die Behandlung erfolgt individuell und sollte immer in Zusammenarbeit mit erfahrenen Ärzten oder Therapeuten erfolgen. Eine genaue Beobachtung der Symptome, ein offener Austausch und eine Kombination aus medikamentöser sowie unterstützender Therapie können helfen, das Syndrom besser in den Griff zu bekommen.

Hier findest Du Zusammenfassungen wissenschaftlicher Fallstudien, in denen die oben genannten Therapieansätze untersucht wurden:
Hyposensibilisierung mit eigener Samenflüssigkeit

In einer Studie von Waldinger mit zwei holländischen Männern wurde eine Hyposensibilisierung mit körpereigener Samenflüssigkeit durchgeführt. Die Flüssigkeit wurde dabei über mehrere Monate unter die Haut gespritzt und die Konzentration Schritt für Schritt erhöht. Beide Studienteilnehmer beschrieben eine Linderung ihrer POIS-Symptome um 60 beziehungsweise 90 Prozent.1 Auch Wrotynska-Barczynska et al. haben über 14 Monate eine Hyposensibilisierung bei einem 34-jährigen Patienten durchgeführt und konnten dessen Symptome lindern.2

Antihistamine

Ein 27-jähriger Patient, der nach der Ejakulation Grippesymptome entwickelte, wurde in einer Studie von Shanholtzer et al.3 erfolgreich mit dem Antihistamin Fexofenadyn behandelt . Durch die tägliche Einnahme des Medikaments konnten seine Symptome um 90 Prozent reduziert werden.

Antiallergika

McLean-Tooke und Kinken4 konnten in einer Studie an einem 25-jährigen Mann Erfolge mit dem Antiallergikum Xolair erzielen, das unter anderm bei allergischem Asthma angewendet wird. Der Patient, der nach dem Samenerguss unter Übelkeit und kognitiven Problemen litt, wurde über drei Monate behandelt und stellte eine deutliche Linderung seiner Symtpome fest.

Alpha-Blocker

Ein Forscherteam um Pierce5 behandelte einen 28-jährigen Patienten über mehrere Monate mit den Alpha-Blocker Alfuzosin und erzielte damit gute Ergebnisse. Der Patient litt nach dem Samenerguss über mehrere Tage unter starker Erschöpfung, Lethargie, Muskelschmerzen und Magen-Darm-Problemen. Außerdem gehörten Mundtrockenheit und trockene Augen zu seinen Symptomen. Nahezu alle Symptome hatten sich durch die Therapie mit dem Alpha-Blocker abgeschwächt oder waren verschwunden. Aufgrund der Wirksamkeit von Alpha-Blockern stellen die Autoren die Hypothese auf, dass es sich bei POIS um eine Dysfunktion des sympathischen Nervensystems handelt.
Auch Reisman6 hat in einer Studie mit 14 Männern mit dem Alpha-Blocker Silodosin gute Erfolge beschrieben. Das Medikament, das Anejakulation verursacht, war bei 57 Prozent der Patienten wirksam. Die Mehrheit der Patienten hatte nur ein Symptom gemeinsam – extreme Müdigkeit. Die häufigsten Beschwerden waren Druck bzw. Schweregefühl im Kopf, verstopfte Nase und Muskelverspannungen. Alle Patienten litten unter mehr als einem Symptom.

humanes Choriongonadotropin / Testosteron

Bolanos und Morgenthaler7 behandelten einen 25-jährigen Mann mit humanem Choriongonadotropin (hcG). Das Hormon hcG regt die körpereigene Testosteronproduktion an. Der Patient klagte seit dem 16. Lebensjahr nach jeder Ejakulation über Angst, Erschöpfung, Brainfog und Wortfindungsprobleme. Die Symptome setzen sofort nach dem Samenerguss beziehungsweise nach 2-3 Tagen ein und dauerten 1-2 Wochen. Ernährungsumstellungen, und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Antihistaminen waren zuvor ohne Erfolg. Nach sechs Wochen waren alle seine Symptome verschwunden. Nach weiteren sechs Monaten Therapie war der Patient noch immer nahezu symptomfrei. Er masturbierte mehrmals pro Monat und beschrieb lediglich leichte Symptome über circa zwölf Stunden, die ihn im Alltag nicht beeinträchtigten.

Entfernung der Nebenhoden nach Nebenhodenentzündung

Jang et al.8 konnten die Symptome eines 42-jährigen Chinesen durch Entfernung des Nebenhodens lindern. Der Patient klagte nach jedem Samenerguss über Grippesymptome, Erschöpfung, Herzrasen, Wortfindungsstörungen, Konzentrationsprobleme, Depressionen, schwere Beine und Hautausschlag. Die Symptome traten dabei erst seit zwei Jahren auf. Die Grippesymptome entwickelten sich 1-2 Stunden nach dem Samenerguss, alle weiteren Symptome bis zu 24 Stunden später. Alle Symptome erreichten nach 1-2 Tagen ihren Höhepunkt und verschanden dann spontan. Schmerzmittel und Immunsuppressiva halfen dem Patienten nicht im gewünschten Maße. Eine gründliche Untersuchung ergab eine Nebenhodenentzündung., woraufhin die Nebenhoden entfernt wurden und die Symptome weitestgehend verschwanden.

Nahrungsergänzungsmittel, Yoga und Meditation

Viele Betroffene greifen außerdem auf Nahrungsergänzungsmittel zurück, welche das Immunsystem stärken, entzündungshemmend wirken oder Müdigkeit vorbeugen sollen. Die Wirksamkeit ist aber umstritten. Auch Yoga und Meditation sind Ansätze, die zur Linderung der Symptomatik eingesetzt werden.

Sterilisation offenbar keine Lösung

Waldinger9 berichtet in einer Studie aus dem Jahr 2015, dass drei Männner POIS-Symptome sowohl vor als auch nach ihrer Sterilisiation entwickelt haben. Dies lässt vermuten, dass die Entzündungen nicht durch Sperma, sondern Samenflüssigkeit verursacht wird, die auch nach der Sterilisation vom Körper produziert wird.

Kleine Fallstudien: Ergebnisse nicht Verallgemeinerbar
Bei der Mehrheit der oben geschilderten Studien handelt es sich um Fallstudien mit nur ein oder zwei Probanden. Studien mit größeren, d.h. aussagefähigen Samples fehlen leider noch immer, sodass die Ergebnisse nicht verallgemeinerbar sind. Zu beachten ist auch, dass die Art der Symptome und der Krankheitsverlauf von Mann zu Mann unterschiedlich sein können und daher auch für jeden Fall eine andere Therapieform geeignet sein könnte.

Unter Fachliteratur findest Du eine Übersicht über die aktuelle Forschung inklusive der oben beschriebenen Studien.





In Internet-Foren und Chatgruppen kursieren diverse Behandlungsansätze und Selbstversuche, um POIS in den Griff zu bekommen.

Wir warnen an dieser Stelle ausdrücklich davor, POIS ohne ärztliche Begleitung zu behandeln.

Jeder Krankheitsverlauf ist individuell und möglicherweise sind auch die Ursachen multifaktoriell. Es gibt daher kein Patentrezept gegen POIS. Was einem Betroffenen hilft, kann bei einem anderen großen Schaden anrichten. Und so lange der Ursprung von POIS nicht klar ist, ist auch von folgenschweren operativen Eingriffen abzuraten.

Bitte besprecht mit Eurem Arzt eine mögliche Therapie und nehmt Medikamente und andere Substanzen nur in ärztlicher Begleitung.

Wir helfen Euch gerne dabei, Euch an einen erfahrenen Arzt im deutschsprachigen Raum zu vermitteln, der die Erkrankung kennt und Euch ernst nimmt.

Meldet Euch unter:

Gemeinsam gegen POIS.

  1. Marcel D. Waldinger, Marcus M.H.M. Meinardi, Dave H. Schweitzer, Hyposensitization Therapy with Autologous Semen in Two Dutch Caucasian Males: Beneficial Effects in Postorgasmic Illness Syndrome (POIS; Part 2), The Journal of Sexual Medicine, Volume 8, Issue 4, April 2011, Pages 1171–1176 ↩︎
  2. Joanna Wrotynska-Barczynska, Edyta Swat, Anna Berger, Leszek Pawelczyk, Piotr Jedrzejczak, Intensified Hyposensitization Is an Effective Treatment of Postorgasmic Illness Syndrome (POIS), Sexual Medicine, Volume 10, Issue 2, April 2022, Page 100474 ↩︎
  3. Andrew Shanholtzer, Jacob R. Stephens, Carl Lauter, Kenneth M. Peters, Post orgasmic illness syndrome successfully managed with antihistamine: A case report, Urology Case Reports, Volume 45, 2022, 102189 ↩︎
  4. McLean-Tooke, A., & Klinken, E. (2023). Post-Orgasmic Illness Syndrome Successfully Treated with Omalizumab: A Case Report. Journal of Sex & Marital Therapy, 50(3), 342–345. ↩︎
  5. Pierce, H., Fainberg, J., Gaffney, C., Aboukhashaba, A., Khan, A., & Kashanian, J. (2020). Postorgasmic illness syndrome: potential new treatment options for a rare disorder. Scandinavian Journal of Urology, 54(1), 86–88. ↩︎
  6. Reisman, Y. Clinical experience with post-orgasmic illness syndrome (POIS) patients—characteristics and possible treatment modality. Int J Impot Res 33, 556–562 (2021) ↩︎
  7. Bolanos J, Morgentaler A. Successful treatment of Post-orgasmic illness syndrome with human chorionic gonadotropin. Urol Case Rep. 2019 Nov 22;29:101078. ↩︎
  8. Huang TB, Yu JJ, Du YJ, Liu ZY. Novel treatment for post-orgasmic illness syndrome: a case report and literature review. Asian J Androl. 2022 May-Jun;24(3):332-334. ↩︎
  9. Waldinger MD. Post orgasmic illness syndrome (POIS). Transl Androl Urol 2016;5(4):602-606. ↩︎

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